Unter die Räder gekommen
Eine Nachschau auf die IAA Mobility 2021 aus Markensicht
Es ist Dienstagsfrüh, erster Tag der IAA Mobility. Ich steige in die U-Bahn, die mich pünktlich zur Eröffnung auf die neue IAA in München bringen soll. Verwunderung. Ich blicke ich auf viele leere Sitze. Dabei kenne ich das Gedränge in der U-Bahn bestens aus den letzten Jahren, jeweils am Morgen vor einer Messe. Heute weiß ich: diese Ruhe war trügerisch. Nicht nur mehr als 400.000 Menschen haben die IAA Mobility 2021 in München besucht, also pro Tag 1/3 mehr als die letzte IAA in Frankfurt. Auch zwischen 10.000 und 20.000 Anti-IAA’ler haben das Bild der IAA geprägt oder gestört. Je nach Lesart des jeweiligen Veranstalters.
Die IAA Mobility war die erste große Messe nach rund 1,5 Jahren corona-bedingten Stillstands.
Es war auch die erste IAA, die nicht alleine dem Auto gewidmet wurde, sondern einen Blick auf die ganze Mobilität wagen sollte. Fahräder, Mobility Konzepte, Sharing-Modelle, neueste Innovationen in Sachen Elektromobilität. Und das nicht nur auf dem Messegelände in Riem, sondern auch inmitten der Münchener Innenstadt. Denn die Autos sollten nicht mehr von leicht bekleideten Frauen in warmen und stickigen Hallen präsentiert werden, sondern mitten rein ins Geschehen, in die Stadt. Ein Schelm wer da denkt, das wir doch genau das in Zukunft verändern wollen.
Apropos Automarken
Wer den bekannten Automarken einen Besuch abgestattet hat, sah Menschenschlangen vor den “Open Spaces” von Audi, BMW, Ford, Porsche und Mercedes Benz. Da standen sie, die Ikonen der alten und auch neuen Automobilzeit. Zum Beispiel der legendäre Ford Mustang, der jetzt zusätzlich Mach E heißt und genau soviel Strom stromt, wie vorher Sprit fraß. Oder der Kleinwagen VW ID-Live, der erst ab 2025 erst erhältlich sein wird und eines der Ergebnisse aus 14 Milliarden Euro Investition in die Dekarbonisierung der MarkeAls Marke bezeichnen wir ein Kennzeichen, die neben... VW sein wird. Bei Renault konnte man einen auseinandergeschnitten Renault Megane bestaunen. Faszinierend, wie übersichtlich und wenig Platz ein Elektromotor braucht. Dafür jede Menge Platz mehr unter den Sitzen für die Lithiumbatterien. Da bekommt das Wort Sitzheizung eine ganz neue Bedeutung.
Wer ist eigentlich die Zielgruppe der IAA?
Von drei Messetagen habe ich zwei auf dem Messegelände in Riem verbracht. In sechs Hallen präsentierten sich dort bunt gemischt Automobilhersteller, Fahrradanbieter, Zulieferunternehmen und Servicebetriebe rund um die Mobilität. Orientierung? Keine, da alle Anbieter, ob B2C, B2B oder “sharing” Modelle, bunt durcheinander gemischt sind. In Frankfurt konnte man die Zulieferer noch kompakt in Halle 8 und 9 besuchen. In München suchte ich mir die Füße platt. Fand ich dann einen Zulieferer, was las ich dann auf den Ständen?
“There is always a road ahead. What changes is how we travel it.”, “We move future”, “Fast forward future”, “New mobility. Sustainability. New Trust.”, “Emotion and Responsability without compromises”, “Our Future is E-mobility” und so weiter und so fort.
Sinnentleertes Marketingsprech an Wandtafeln, die irgendwie das Thema E-Mobility aussagekräftig in den Fokus rücken sollten. Dabei wirkte das Kernthema Elektromobilität bei vielen Ausstellern wie aufgesetzt und unglaubwürdig. Sind Stahlrahmen für die Batterieblöcke ein E-mobility Konzept? Sind Solarpanele zur Generierung von Strommengen im Niedervoltbereich für Campingfahrzeuge die neueste “Emotion without compromise”? Ganzheitliche Mobilitätskonzepte durch kooperative Zusammenarbeit mit anderen Zulieferern oder OEM’s? Fehlanzeige.
Das ganze Problematik manifestiert sich bei einem Zulieferer, von dem der Kundige weiß, dass er seit Jahrzehnten mitten in der E-Mobilität tätig ist
Auf dem Messestand kein Wort davon. Dafür weiteres Marketingsprech. “Mobility in Transition. We see. We Understand. We deliver.” Als Blickfang steht dort ein Speichenrad. Nicht die heißeste Innovation in 3D oder digitaler Animation, aber immerhin, solide Technik. Versteckt um die Ecke, hinter einer Wand dann die Überraschung
Dort stehen nebeneinander aufgreiht 10 Elektromotoren
Die jahrzehntelange Kernkompetenz kommt unter die Räder
Stärken, Kompetenzen nennen wir so etwas. Entwickelt, produziert und vielfach bewährt aus Zeiten, als die Kids von “Fridays for Future” noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt haben. Doch hier wird die Kernkompetenz versteckt. Das wäre so, als würde Apple seine Macs, Iphones oder Ipads hinter einer Wand verstecken und dafür die Energiesparmodusfunktion in den Fokus rücken.
Werden Messestände nur noch von Fachabteilungen entwickelt, denen vor lauter Spezialwissen der Blick für das Ganze und vor allem für den Kunden abhanden gekommen ist? Oder hat die Pandemie die Regeln der Messekommunikation auf den Kopf gestellt?
- Die Marke mit bestehenden Stärken und Kompetenzen eindeutig kommunizieren
- Ein Bereich gewährt den Blick auf die Zukunft mit Highlights oder Innovationen
- Klare Botschaften, die schnell verständlich und nicht überladen mit zu vielen Inhalten sind
- Eine Bildsprache, die authentisch und passend zum Unternehmen ist
- Eine Farb, Formen und TypografieSchrift dient nicht nur der text-basierten Kommunik..., die auch bei schnellem Vorbeigehen noch Aufmerksamkeit und Neugierde erweckt
Ruhe ist jetzt wieder auf dem Messegelände und morgens in der U-Bahn eingekehrt. Zeit für ein Fazit für die IAA Mobility 2021, ob auf dem Messegelände oder den Open Spaces. Um es frei nach Lessing zu formulieren. “Es gibt noch viel Luft nach oben. Aber Luft wird zu Wind. Und Wind bringt die Windräder zum drehen. Und damit auch die Mobilitätskonzepte von morgen die nötige Energie.”
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